Schlagwort: Wasser

Fleisch und Gemüse

Eine ehrliche Revision unseres Gefrierschrankinhalts hat mir gezeigt, dass ich dort einiges an Treibhausgasemissionen „gebunkert“ habe. Das kleinere Problem ist wahrscheinlich das Wildfleisch vom Schwiegervater, aber die doch bemerkenswerte Menge an Rind, Schwein und Geflügel in der Lade darunter eignet sich so gar nicht, um am Klimaheiligen-Status zu arbeiteten – auch wenn alles bio ist und ich die Landwirt:innen persönlich kenne.

Fleisch ist einfach ein Klimaproblem. Das hat mir diese Woche auch ein Glossar der APA verdeutlicht, dessen Zahlen ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

Demnach braucht 1kg Rindfleisch 15.500 Liter Wasser, und sogar das klimafreundlichere Geflügel verschlingt noch 3.600 Liter. Laut „Our World in Data“ verwenden wir von den weltweit 104 Millionen Quadratkilometer bewohnbares Land circa 40 Millionen Quadratkilometer als Nutzfläche für die Fleisch- und Molkereiproduktion– eine immens große Fläche.

Eine Tonne Rindfleisch benötigt 1,6 Tonnen Soja, das wiederum zur Rodung von 6.600m2 Regenwald führt, wie der Fleischatlas der Heinrich Böll-Stiftung dokumentiert. Und beim Thema „Hunger“ muss man nicht mit dem Finger auf den Krieg in der Ukraine und die reduzierten Getreideexporte zeigen. Europa arbeitet selbst am Hunger mit: 40% unserer Getreideernte landen in Futtertrögen, statt auf den Tisch zu kommen. So konsumieren Menschen in Österreich im Schnitt fast 94kg Fleisch (etwa ein Drittel davon sind Schlachtabfälle, die nicht als Nahrung verwertet werden).

Fazit: „Die weltweite Fleischproduktion ist in Summe für mehr klimaschädliche Treibhausgase verantwortlich als der gesamte Transportsektor der Welt zusammen“, wie die APA schreibt. Konkret sind es etwa pro Kilogramm Rindfleisch rund 22kg CO2-Äquivalente, auch durch die extreme Wirkung des Methans. Deshalb würde der gegenwärtige Fleischhunger allein schon ausreichen, die Erde bis Ende des Jahrhunderts auf 2 Grad zu erhitzen, selbst wenn wir sofort alle fossilen Brennstoffe verbannen würden.

Wir werden realistischerweise nicht schlagartig ein Vegetarier-Haushalt werden. Aber bei einem Durchschnittskonsum von fast 100kg, wie oben erwähnt, ist der Spielraum für die Reduktion von Schnitzel und Co. doch beträchtlich. Wer gern kocht und Gemüse nicht nur zu Tode gart, der tut sich dabei vielleicht noch leichter.

Nur noch 700 Megatonnen

CO2-Budget bis 2040

Wenn Österreich 2040 tatsächlich klimaneutral sein will, darf es bis dahin nur mehr 700 Megatonnen CO2 ausstoßen. Darauf weisen Wissenschafter des Grazer Wegener Centers für Klima und Globalen Wandel hin. Derzeit emittiert das Land allerdings mehr als 70 Megatonnen pro Jahr. Österreich sei also auf dem falschen Klimapfad, so Stefan Schleicher und Gottfried Kirchengast.

Vor allem im Bereich Verkehr brauche es weitaus stärkere Anstrengungen. Die Autoren fordern beim Transportwesen „den steilsten Reduktionspfad bis 2030“ und „tiefgreifende Maßnahmen“. Insgesamt muss Österreich seine Emissionen um 90-95 Prozent reduzieren, um bis 2040 klimaneutral zu sein.

https://orf.at/stories/3275023/

Milliarden Subventionen für die Klimakatastrophe

Wifo-Bericht

Mit rund 5,3 Milliarden Euro jährlich fördert Österreich klimaschädliches Verhalten. Das zeigt ein „vorläufiger Endbericht“ des Wirtschaftsforschungsinstituts, den der Standard zu lesen bekam. Demnach entgehen dem Staat allein durch die Mineralölsteuerbefreiung von Kerosin rund 400 Millionen Euro. Die niedrigere Besteuerung von Diesel im Vergleich zu Benzin (Dieselprivileg) kostet 540 Millionen bis 1,1 Milliarde Euro. Durch die Pendlerpauschale, die klimaschädlichen Verkehr unterstützt, verliert Österreich 480 Millionen pro Jahr. Kontraproduktiv in Sachen Klimaschutz sind laut Wifo auch Steuerbefreiungen für Taxis, Mietwagen oder landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie Steuererleichterungen für Heizöl. Subventionen fossiler Energieträger sind für die Autor:innen des Berichts ein „wesentliches Hindernis“ bei der notwendigen energiepolitischen Transformation, wie der Standard zitiert.

Kurz gemeldet

Die Erderhitzung bringt neue Vogelarten nach Österreich. So brüten erstmal vier Kuhreiher-Paare am Unteren Inn in Oberösterreich.

https://science.orf.at/stories/3213993/

In der Antarktis hat ein Forschungsteam erstmals wieder größere Bestände der über 20 Meter langen Finnwale gesichtet. Sie galten in den 1970er-Jahren durch den Walfang als fast ausgerottet. Erst ein Jagdverbot, das mittlerweile 50 Jahre alt ist, hat eine Erholung ihrer Bestände möglich gemacht. Im Ozean vor der antarktischen Halbinsel leben nun wieder geschätzt 8.000 Finnwale. Die Tiere werden bis zu 70 Tonnen schwer.

https://science.orf.at/stories/3213969/

Servicetipps

Wie gärtnert man im Klimawandel?

Hörtipp

Mehr Dürren und Starkregen setzen auch unseren Gärten zu. Der englische Rasen hat dort für viele Gärtner:innen aus klimatischen Gründen keine große Zukunft mehr, abgesehen von seiner ökologischen Wertlosigkeit. Und in den Städten wird die Kastanie ob der zunehmenden Trockenheit aussterben.

Stattdessen plädieren Landschaftsökologen in MOMENT – NACHHALTIG LEBEN für eine Rückkehr zu naturnahen Gehölzen, etwa dem Dirndlstrauch, statt der aus China stammenden Forsythie, mit der heimische Insekten nicht umgehen können.

Ein naturnaher Garten ist robuster und ein wertvoller Beitrag zum Klimaschutz, so die Gärtner:innen.

Andererseits macht die Erderhitzung auch den Anbau von Gemüse möglich, das vor 20 Jahren hierzulande noch undenkbar war, zum Beispiel Melonen. Eine Sendung mit Tipps, wie wir unsere Gärten zukunftsfit und ökologischer gestalten können.

Extremwetterlagen im Garten, 12.07. | Ö1 | ORF-Radiothek

IPCC-Bericht – Das „Window of Opportunity“ schließt sich

Am Montag dieser Woche erschien der jüngste Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC – wie sein Vorgänger unter äußerst ungünstigen Umständen. War es im Vorjahr Corona, das dem ersten Teil die öffentliche Aufmerksamkeit entzog, ist es diese Woche der erschütternde Krieg in der Ukraine. Dessen ungeachtet bleibt die drohende Klimaerwärmung ein Jahrhundertproblem, das unsere Aufmerksamkeit ebenso verlangt wie die humanitäre und politische Katastrophe in einem Land knapp vierhundert Kilometer östlich.

Schon jetzt, so konstatieren die Autor:innen, habe die Erderwärmung zu irreversiblen Entwicklungen geführt, die weder durch den Menschen, noch die Natur ausgeglichen werden können. Immer wieder korrigieren die 270 Verfasser:innen des zweiten Teils des sechsten Sachstandsberichts, wie der Report offiziell heißt, frühere Prognosen – leider, weil sie die disruptive Kraft der aufgeheizten Atmosphäre unterschätzt haben.

Wie die Autor:innen selber die Resultate aus dem jüngsten Bericht einschätzen, hat meine Kollegin Juliane Nagiller in science.orf.at zusammengefasst. „Noch gibt es Möglichkeiten, wie wir uns anpassen können. Diese Möglichkeiten werden geringer werden, je wärmer es wird“, sagt etwa Mitautorin Daniela Schmidt von der University of Bristol.

Der Report unter dem Titel „Impacts, Adapation and Vulnerability“ beschränkt sich nicht auf die direkten Auswirkungen der Treibhausgase. Er zeigt auch, das ge- und zerstörte Ökosysteme und der Verlust der Artenvielfalt doppelt verwundbar machen für die Folgen der Erderwärmung. Damit verbunden ist der Auftrag, unsere Umwelt besser zu schützen, weil auch sie uns resilienter macht gegen die Erderwärmung.

Der gesamte IPCC-Report umfasst 3.675 Seiten. Ich habe in diesem Newsletter vor allem die wichtigsten Fakten aus dem 36seitigen „Summary for Policymakers“ zusammengefasst. Auf dass sie nicht vergessen werden mögen.

AR6 Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability — IPCC

Extreme

Seit 1850 ist die Globaltemperatur um 1,09 Grad gestiegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad beschränken können, liegt unter 50%. Dies hat bereits jetzt zu einer Zunahme von Dürren und Unwetterkatastrophen geführt. Kinder, die derzeit 10 Jahre alt oder jünger sind, werden rund viermal mehr Extremwetter erleben als wir heute.

Die direkten finanziellen Schäden durch Überflutungen sind bei einer Erwärmung von 2 Grad bereits 1,4 bis 2mal so hoch wie bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad. Die Kosten für Extremwetterereignisse steigen exponentiell mit der Erderwärmung.

Artenvielfalt

Die Hälfte aller untersuchten Arten flieht aus den Hitzezonen in höhere Lagen und vor allem in Richtung der Pole – um rund 59 Kilometer pro Jahrzehnt. Bei einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad werden 3-14% aller landlebenden Arten wahrscheinlich aussterben. Bei +2 Grad steigt der Maximalwert auf 18 Prozent, bei 3 Grad auf 29 Prozent. Im 5 Grad-Szenario könnten fast die Hälfte aller Spezies vom Erdboden verschwinden.

Nahrung

Der Klimawandel und die damit verbundenen Extremereignisse haben das Nahrungsangebot, trotz steigender Produktivität, in viel kleinerem Ausmaß als möglich wachsen lassen. Sie bremsen damit auch das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele (SDGs). Acht Prozent der heutigen Ackerfläche werden 2100 nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar sein. In den Ozeanen reduzieren Erwärmung und Übersäuerung das Fischangebot. Die Fischereierträge könnten bis Ende des Jahrhunderts um bis zu 41 Prozent zurückgehen. Das führt vor allem in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sowie kleinen Inselstaaten und der Arktis zu Ernährungsproblemen. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung leidet schon jetzt an Wassermangel.

Wasser

Die Risiken durch Wassermangel werden mittel- bis langfristig in allen Regionen steigen. Bei einer globalen Erwärmung von 2 Grad nimmt die Verfügbarkeit von Schmelzwasser zur landwirtschaftlichen Bewässerung in einigen Gegenden bis zu 20 Prozent ab. Auch der Verlust von Gletschereis reduziert die sommerliche Verfügbarkeit von Wasser drastisch.

Ungleichheit

Die Folgen des menschlichen Treibhausgas-Ausstoßes sind global sehr ungleich verteilt. Die Ärmsten bekommen sie am meisten zu spüren. 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben in den Weltgegenden, die den Klimawandel am stärksten erleben. Dazu zählen West-, Zentral- und Ostafrika, Südasien, Mittel- und Südamerika sowie kleine Inselgruppen und die Arktis. In diesen Regionen war die Sterblichkeit aufgrund von Überflutungen, Dürren und Stürmen 15mal höher als in Regionen mit „geringer Verletzlichkeit“.

Gesundheit

Extreme Hitze führt weltweit zu Übersterblichkeit. Klimatisch bedingte Krankheiten – über die Ernährung ebenso wie über Wasser – nehmen zu. Auch von Tieren übertragene Infektionen wie Dengue oder Malaria werden mehr, einerseits weil sich die Überträger weiter ausbreiten, andererseits weil sie sich in wärmerem Wetter besser vermehren können. Krankheiten des Verdauungstraktes wie Cholera, die in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen sind, bekommen durch die Erderwärmung neuen Aufschwung.

Anpassungsstrategien

Kurzfristige Klimaschutzmaßnahmen, die die Erwärmung auf 1,5 Grad beschränken, können die Schäden an Ökosystemen und Gesellschaften reduzieren, aber nicht mehr alle negativen Effekte rückgängig machen. Darin sind sich die Autor:innen des zweiten Teils des sechsten IPCC-Sachstandberichts einig. Ein verstärktes Augenmerk auf die Biodiversität und Ökosysteme ist fundamental, um die Resilienz gegen klimatische Veränderungen zu stärken. Dazu gehört etwa, dass 30-50% der weltweiten Landfläche und Ozeane unter Schutz gestellt werden. Durch Anpassungsmaßnahmen könne man höhere Investitionen in der Zukunft vermeiden, und der potenzielle Nutzen dieser Maßnahmen sei langfristig höher als ihre Kosten, meint etwa Mitautorin Schmidt.

Jede Verzögerung bei einer weltweit abgestimmten Anpassung an die Klimaveränderung und bei der Eindämmung der Klimaschäden führt dazu, dass sich das „window of opportunity“ weiter schließt und damit auch die Chance sinkt „auf eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle“, wie der Bericht schließt.

IPCC-Bericht: Zeitfenster für Klimarettung schließt sich – news.ORF.at

IPCC-Bericht: Anpassung an Klimafolgen zu zögerlich – science.ORF.at

AR6 Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability — IPCC

Raus aus dem Gas – aber wie?

Hörtipp

Österreich will bis 2040 klimaneutral sein. Der Ukraine-Krieg könnte den Ausstieg aus der fossilen Verbrennung beschleunigen, auch wenn das russische Gas derzeit noch ungestört fließt. Immerhin eine Million Haushalte und viele Industriebetriebe hängen vom Erdgas ab, das wir zu 80 Prozent aus Russland beziehen. Im JOURNAL PANORAMA haben Energieexpert:innen und ein Wirtschaftsforscher darüber diskutiert, wie die Abkehr vom Gas gelingen könnte.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/wirtschaft