Schlagwort: Versiegelung

Ablenkungsmanöver

Nun hat sich die EU also zu einem halbherzigen Kompromiss durchgerungen. Ab 2035 sind Neuzulassungen von Autos verboten, die mit Diesel oder Benzin fahren. Verbrennungsmotoren sind allerdings weiter erlaubt, wenn sie mit E-Fuels fahren. So nennt man Treibstoffe, die aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellt werden. Idealerweise kommt der Wasserstoff aus erneuerbarem Strom – und nicht wie derzeit vorwiegend aus Erdgas.

Klingt gut, ist aber eine veritable Nebelgranate der Verbrenner- und Fossillobby, die uns den Blick auf die nackten Energietatsachen verstellen und die alte Fahrzeugtechnik ad infinitum verlängern soll.

Um mit einem E-Fuel-Auto einen Kilometer zu fahren, braucht es bis zu zehn Mal mehr Strom als für ein rein elektrisch angetriebenes Auto. Das heißt, man kann mit derselben Energiemenge zehn Elektroautos betreiben, wie das Umweltbundesamt in einem Bericht dokumentiert hat.

Ein Vertreter der eFuel Alliance Österreich meinte im Ö1-Mittagsjournal, man könne den synthetischen Kraftstoff ja beispielsweise aus Patagonien importieren. Dort gebe es genug ungenutzten Wind für grünen Strom und grünen Wasserstoff.

Auch die Ökonomin Sigrid Stagl bezweifelt die Sinnhaftigkeit dieser Vision. E-Fuels seien eine Ablenkung, um die dringend nötige Klimapolitik zu verzögern. „Eine Technologie zu favorisieren, die ineffizienter ist, ist angesichts der Tatsache, dass es zu wenig grünen Strom gibt, nicht der richtige Weg“, so Stagl ebenfalls im Mittagsjournal.

Zweifellos werden E-Fuels ihre Berechtigung haben: dort, wo sie nicht einfach durch den effizienteren Strom ersetzt werden können, etwa für Flugzeuge, Schiffe oder für die Industrie.

Der Korrektheit halber weise ich noch einmal darauf hin, dass auch Elektroautos nicht der Weisheit letzter Schluss in Sachen Mobilität sind. Auch sie verschlingen Ressourcen und Gemeinschaftsfläche. Und der öffentliche Verkehr ist in jedem Fall weitaus ökologischer als ein Privatauto. Trotzdem sind E-Autos in Sachen Individualverkehr umweltfreundlicher als Verbrenner.

Letztendlich könnte uns beim umstrittenen Thema E-Fuels der Markt helfen (vorausgesetzt, die unökonomische Produktion wird nicht gestützt): Ein Liter E-Fuel kostete 2020 – also noch vor der Explosion der Strompreise – 4,50 Euro. Optimistische Prognosen sprachen damals davon, dass der Preis bis 2030 auf 2,30 Euro sinken würde. Das ist noch immer weitaus mehr als Benzin und Diesel derzeit kosten.

Vielleicht werden E-Fuels also zu einem Statussymbol für die Begüterten. Denn welcher Mensch bei gutem Verstand und beschränkter Geldtasche wird an der Tankstelle stehen und für seine E-Fuel-Füllung achtmal mehr zahlen wollen als daneben der Fahrer eines E-Autos?

Möglichkeiten und Grenzen der E-Autos

Elektromobilität

Von der Produktion bis zur Entsorgung brauchen Elektroautos im Vergleich zu Fahrzeugen mit einem Verbrennungsmotor im optimalen Fall nur ein Achtel der Ressourcen. Darauf wies das Umweltbundesamt kürzlich bei einem Pressegespräch hin.

Ganz unbedenklich sind allerdings auch E-Autos nicht. Sie benötigen selten Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Mangan. Steigt der weltweite Autobestand von derzeit 1,25 Milliarden Fahrzeugen bis 2050 auf prognostizierte 2,3 Milliarden Fahrzeuge, wird die Nachfrage nach Lithium beispielsweise auf das 56fache steigen. Um diesen Ressourcenhunger zu bremsen, sollte etwa vermehrt Carsharing in unsere Mobilität einziehen. Auch ein besseres Recycling von Akkus könnte den Rohstoffbedarf reduzieren.

Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden. Die vielen Verbrennungsmotoren im Verkehr machen es aber fast unmöglich, dieses Ziel zu erreichen, so das Umweltbundesamt.

https://science.orf.at/stories/3218433/

Rangliste der Klimasünder

Studie

Die Gase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O) haben seit der vorindustriellen Zeit den größten Teil der Klimaerwärmung verursacht. Das hat ein Forschungsteam der University of East Anglia berechnet.

Umgelegt auf emittierende Staaten trug die USA damit seit 1850 mit 0,28 Grad und fast einem Fünftel der Gesamtemissionen zur Erderhitzung bei. Der Anteil von China liegt bei 0,2 Grad, dahinter kommen Russland mit 0,1 Grad Celsius sowie Brasilien und Indien mit jeweils 0,08 Grad.

https://science.orf.at/stories/3218453/

Grönland-Eisschild auf halbem Weg zum Kipppunkt

Rasante Schmelze

Zwischen 2003 und 2016 hat das grönländische Eisschild 255 Milliarden Tonnen an Masse verloren. Ein Forschungsteam des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung PIK hat nun zwei Kipppunkte identifiziert, die zu unumkehrbaren Verlusten führen. Wenn wir 1.000 Gigatonnen CO2 emittiert haben, schmilzt der südliche Teil des Gletschers, ohne Möglichkeit, die Schmelze zu stoppen. Die Hälfte dieses Emissionsweges habe die Menschheit bereits zurückgelegt, so der Klimaforscher Dennis Höning vom PIK.

Bei 2.500 Gigatonnen Kohlendioxid in der Atmosphäre wird das grönländische Eisschild unumkehrbar verschwinden und zu einem Anstieg des Meeresspiegels von 7 Metern führen.

https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2022GL101827

Kurz gemeldet

Die Klimabelastung durch Privatjets nimmt zu. Vor allem Kurzstreckenflüge führen zu drastischen Treibhausgasemissionen. Österreich zählte 2022 rund 15.000 Privatjetflüge.

https://science.orf.at/stories/3218467/

Österreich betoniert seine Flächen zu

Hörtipp

Österreich geht mit seinen Flächen sehr verschwenderisch um, um nicht zu sagen fahrlässig: 11,5 Hektar werden hierzulande pro Tag versiegelt. Damit ist das Land europäischer Spitzenreiter in der Bodenvernichtung und weit weg von den 2,5 Hektar, die die Regierung in einem wirkungslosen Lippenbekenntnis als Ziel ausgegeben hat.

Versiegelte Böden beschädigen die Biodiversität, behindern das Versickern von Niederschlägen und führen zu Überschwemmungen.

Dass ein anderer Umgang mit dem Boden viele Vorteile hat, zeigen Positivbeispiele, die das JOURNAL PANORAMA gesammelt hat.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/oekologie

Hitze und Schatten

Manchmal gebiert die Verzweiflung wahrlich monströse Ideen. Eine möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Bekanntermaßen erwärmen sich die Polarregionen weitaus schneller als der Rest der Erde. Die Antarktis war heuer im März um 35 Grad wärmer als sonst üblich, auch wenn minus 18 Grad noch lange nicht beschaulich klingen. Ein Team hat deshalb überlegt, wie man diese Erwärmung samt dem Abschmelzen riesiger Eismassen wie der Westantarktis oder Grönlands stoppen könnte. Das Ergebnis: Man versprüht jenseits der 60. Breitengrade Schwefeldioxid in 13km Höhe. Nach einer chemischen Umwandlung wirkt dieses Geoengineering wie ein riesiger Sonnenschirm. Dazu sind allerdings 175.000 Flüge jährlich nötig, mit Flugzeugen, die noch nicht existieren. Die großen Flieger würden dann halbjährlich zwischen den Polregionen wechseln. 125 Stück der neuen Tankflugzeuge müsste man für das Projekt bauen.

Die Idee ist auch nach Meinung seiner Erfinder:innen sehr hypothetisch und ein absolutes Notfallprojekt für die Schublade, so heise. Es dokumentiert aber auch eine zunehmende Fassungslosigkeit über die Tatsache, dass zu wenig unternommen wird, um die Erhitzung des Planeten zu stoppen.

Viele wähnen die planetare Fieberkurve noch in der Zukunft. Florida spürt sie hingegen schon unmittelbar in der Geldtasche. Dort hat der Hurrikan „Ian“ enorme Verwüstungen angerichtet. Und die Erderhitzung spielt auch hier mit: sie erhöht die Wahrscheinlichkeit derartiger Sturmereignisse. Die Schäden durch „Ian“ werden auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. Wie orf.at schreibt, ziehen sich viele Versicherer aus Hochrisikoregionen wie dem Süden Floridas zurück und wollen Liegenschaften dort nicht mehr versichern. Gleichzeitig wurden bereits 400.000 Versicherungsnehmern gekündigt, die kaum eine Chance haben, Ersatz zu finden.

Auch wenn einige der Probleme ihre Ursachen außerhalb der Klimakrise haben, zeigt sich doch, wie schnell die Folgen der steigenden Temperaturen an uns heranrücken. Oder, wie es der Meteorologe Andreas Jäger ausdrückt: „Die Klimakrise steht nicht vor der Haustür, sie sitzt schon mitten in unserem Wohnzimmer.“

Milliardenprogramm für klimafreundliche Industrie

Klimaschutz

Mit 5,7 Milliarden Euro wird Österreich Industriebetriebe bei der Umstellung auf eine energieneutrale und klimafreundliche Produktion unterstützten. Das haben Vizekanzler Werner Kogler, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler diese Woche zugesichert. Die Gelder fließen bis 2030. Der Großteil dient zur Transformation der Industrie, ein Teil unterstützt aber auch Energieeffizienz- und Umweltmaßnahmen.

Klimaförderprogramm: 5,7 Milliarden Euro für die Industrie | Ö1 Mittagsjournal, 11.10. | Ö1 | ORF-Radiothek

Hitzewellen werden einige Gebiete der Erde unbewohnbar machen

Klimakrise

Wenn der Klimawandel so weiter geht wie bisher, werden die Sahelzone, Regionen rund um das Horn von Afrika und Teile Süd- und Südwestasiens unbewohnbar werden, weil sie „die physikalischen und sozialen Grenzen des Menschen überschreiten“. Davor warnten UNO und Rotes Kreuz diese Woche in Genf.

Die Wissenschaft prognostiziert, dass die Zahl der Toten durch extreme Hitze bis Ende des Jahrhunderts ebenso so hoch sein werde wie die der Krebstoten.

Hitzewellen werden ganze Regionen unbewohnbar machen – news.ORF.at

Extreme Dürre alle 20 Jahre

Europa

Die Hitze verschont auch Europa nicht. In West- und Mitteleuropa sind Dürren wie jene im heurigen Sommer drei bis viermal wahrscheinlicher geworden. Nach Daten der Initiative World Weather Attribution muss Europa zum jetzigen Stand der Erderhitzung alle 20 Jahre mit einer derartigen Trockenheit rechnen. Da aber kein Stopp des Temperaturanstiegs in Sicht ist, werden Dürren noch weitaus häufiger werden.

https://science.orf.at/stories/3215463/

Bebauung und Versiegelung haben großen Einfluss auf Stadttemperaturen

Landnutzung

Wandelt man Acker- in Industriefläche um, führt dies zu einem durchschnittlichen Anstieg von 12 Sommertagen, also Tagen mit einer Temperatur über 25 Grad. Diese Daten liefert das Projekt Lucretia der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ZAMG. Dahinter steckt die einfache Gleichung, dass dicht bebaute Bereiche wärmer sind, kühle Stadtteile hingegen viel Wasser- und Grünflächen besitzen. Insofern wäre die Hitzebelastung in der Stadt durch Planung gut steuerbar. „Grob gesagt können massive Änderungen der Bebauung die Zahl der Sommertage um ungefähr 20 bis 80 Prozent erhöhen oder senken,“ so die Stadtklima-Expertin Maja Zuvela-Aloise.

https://science.orf.at/stories/3215503/

Wildtierbestände sinken drastisch

Artensterben

Bei mehr als 31.000 wildlebenden Wildtierpopulationen sind die Bestände im Zeitraum von 50 Jahren im Schnitt um 69 Prozent gesunken. Das zeigt der Living Planet Report 2022 auf. Die Autor:innen haben dafür 5.200 Wildtierarten – von Säugetieren über Fische bis zu Reptilien – ausgewertet.

Wie auch der jüngste IPCC-Bericht betont hat, schützt ein gesundes Ökosystem auch vor vielen Folgen des Klimawandels. Umgekehrt heizt der Verlust an biologischer Vielfalt die Klimakrise noch an.

https://science.orf.at/stories/3215535/

Kurz gemeldet

Vom Aussterben bedroht sind auch die Schwebfliegen. Etwa ein Drittel der 890 Arten gilt als sehr gefährdet.  Schwebfliegen sind sowohl als Bestäuber sehr wichtig, sie kontrollieren aber auch landwirtschaftliche Schädlinge wie Blattläuse.

Bestäuber: Schwebfliegen vom Aussterben bedroht – science.ORF.at

Tipp:

Am 15. Oktober ist „International Repair Day“. In Österreich gibt es etwa 150 Reparaturinitiativen, die sich dem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen verschrieben haben. Oft ist bei Geräten wie Kaffeemaschinen oder Haartrocknern nur ein einfacher und billiger Bauteil zu ersetzen, um sie wieder funktionstüchtig zu machen. Das passiert etwa in Repair Cafés quer durch das Land. Viele Initiativen suchen noch freiwillige Helfer:innen.

Reparatur-Cafés und Initiativen – Repanet