Schlagwort: Tempolimit

Wind und Sonne überholen Gas

Sich Flugreisen leisten zu können, ist zu einem Symbol für bescheidenen Wohlstand geworden. In Wien in den Flieger zu steigen und knapp drei Stunden später in Málaga, fast in Sichtweite von Afrika, auszusteigen, hat auch etwas mit befreiender Entgrenzung zu tun. Gleichwohl ist das Fliegen kein unschuldiger Spaß mehr. Es trägt laut jüngstem IPCC-Bericht mit 3,1 Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß bei. Allerdings dürfte die Klimawirkung weitaus höher sein, da auch Wasserdampf und Stickoxide emittiert werden. So geht der Weltklimarat davon aus, dass der Flugverkehr mit rund 5 Prozent an der Erderwärmung beteiligt ist. Ein enormer Wert auch angesichts dessen, dass nur ein verschwindend kleiner Teil der Erdbevölkerung tatsächlich mit dem Flugzeug unterwegs ist bzw. sich Flüge leisten kann.

Welche Veränderungen es bräuchte, damit die Luftfahrt bis 2050 tatsächlich zu einem Netto-Null-Emittenten wird, das hat eine in dieser Woche veröffentlichte Studie  gezeigt. Demnach könnte man durch eine Dämpfung der Nachfrage 61 Prozent der Emissionen einsparen, 27 Prozent durch eine verbesserte Energieeffizienz. Konkret heißt das, die Subventionen des Luftverkehrs zu beenden, wie Jakob Graichen vom Öko-Institut e.V. in Berlin sagt: „Insbesondere [ein Ende für] die Befreiung von der Kerosinsteuer und Mehrwertsteuer auf internationalen Strecken würde sofort die Emissionen senken. Auch eine Verknappung von Slots an Flughäfen, zum Beispiel durch Nachtflugverbote, die diesen Namen wirklich verdienen, würde den Luftverkehr reduzieren. Ein Verbot von Kurzstreckenflügen ist hilfreich, der allergrößte Teil der Luftverkehrsemissionen stammt allerdings aus der Mittel- und Langstrecke.“

Das deckt sich weitgehend mit den Erkenntnissen des IPCC, der darauf drängt, Langstreckenflüge möglichst zu vermeiden und Kurzstreckenflüge durch den Ausbau des Zugverkehrs überflüssig zu machen. Der Weltklimarat kritisierte im Übrigen in seinem jüngsten Bericht auch, dass der Flugsektor bei seinen Versuchen zum Klimaschutz deutlich hinter anderen Bereichen zurückbleibt.

Sehr gespalten sehen Expert:innen die Chancen für nachhaltige Treibstoffe im Flugverkehr. Erzeugt man sie etwa über Sonnenlicht, bräuchte es „Sonnenkollektoren auf einer Fläche von etwa 40.000 Quadratkilometern, um den derzeitigen Bedarf an Flugkraftstoff zu decken. Das ist enorm, wenn auch viel weniger als die Fläche, die benötigt wird, um den neuen Strombedarf für Heizung und Verkehr zu decken“, wie Anthony Patt, Professor für Klimaschutz und -​anpassung an der ETH Zürich meint.

Unsicher ist auch, wie sich die Kosten für synthetische Kraftstoffe entwickeln werden. Derzeit kosten sie mindestens fünfmal so viel wie fossile Alternativen. „Es ist denkbar, dass sie bis 2035 nur noch doppelt so viel kosten. Die Treibstoffpreise machen etwa 30 Prozent der Flugkosten aus. Eine Verdopplung dieser Kosten würde also bedeuten, dass das Fliegen um 30 Prozent teurer würde als heute, wenn sich sonst nichts ändert“, so Patt. Er hält es allerdings für möglich, dass der klimaneutrale Flugverkehr 2050 nicht teurer ist als heute.

Die Flugindustrie zeigt sich derweil noch wenig engagiert. „Die Definition für nachhaltige Treibstoffe der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO verlangt nur eine Reduktion der Emissionen um zehn Prozent gegenüber fossilem Kerosin – völlig unzureichend mit Blick auf die Ziele für 2050“, kritisiert etwa Jakob Graichen. Deshalb ist für ihn völlig klar: „Von allein wird der Luftverkehr niemals klimaneutral werden. Eine starke Regulierung der Emissionen des Sektors und damit klarer politischer Willen ist unabdingbar.“

Und eine bewusstere Wahl unserer Verkehrsmittel steht wohl auch noch an.

Klimaerwärmung: Wie die Luftfahrt klimafit werden könnte – science.ORF.at

Erstmals mehr Strom aus Erneuerbaren als aus Gas

Energiewende in Europa

Laut Denkfabrik Ember Climate wurden im Vorjahr 22 Prozent des europäischen Stroms aus Solar- oder Windkraft produziert und nur 20 Prozent aus Gas. Damit haben erneuerbare Energieträger das fossile Gas zum ersten Mal bei der Stromerzeugung in der EU überholt. EU-weit konnten so Gaseinkäufe im Wert von zehn Milliarden Euro eingespart werden.

https://www.deutschlandfunk.de/erstmals-mehr-strom-aus-erneuerbaren-als-aus-gas-produziert-100.html

EU verlagert Umweltschäden nach Osteuropa

Konsum-Folgen

Es erinnert ein bisschen an das Floriani-Prinzip, wie die EU mit den schädlichen Umweltfolgen seines hohen Konsums umgeht: Laut einer Studie der University of Birmingham verlagert sie den Treibhausgasausstoß und den Materialverbrauch zu den östlichen Nachbarn, während diese innerhalb der Staatengemeinschaft abnehmen. Auch Brasilien, China und der Nahe Osten seien von dieser Verschiebung der Umweltkosten betroffen, aber am nachteiligsten falle sie für Osteuropa aus. Der wirtschaftliche Mehrwert der Schäden lande hingegen zu 85 Prozent in Europa.

https://orf.at//stories/3302846/

Niedrigere Tempolimits

Umweltschutz

Verkehrsexpert:innen sprechen sich in einem offenen Brief für niedrigere Tempolimits auf Österreichs Straßen aus. Sie plädieren für 30km/h im Ortsgebiet, 80km/h im Freiland und 100km/h auf Autobahnen. Die Limits würden nicht nur Unfälle mit Verletzten und Toten reduzieren, es sei auch „wissenschaftlich zweifelsfrei nachgewiesen“, dass niedrigere Geschwindigkeiten die effektivste Maßnahme zur Reduktion verkehrsbedingter Treibhausgas-Emissionen sind.

Eine Umfrage auf orf.at mit (Stand gestern) rund 50.000 Teilnehmer:innen zeigt, dass etwa die Hälfte eine Geschwindigkeitsreduktion unterstützt. https://oesterreich.orf.at/stories/3192857/

Kurz gemeldet

Eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf 1,5 Grad ist derzeit nicht realistisch. Das sagt der „Hamburg Climate Futures Outlook 2023“. Vor allem Unternehmen würden weltweit zu wenig für den Klimaschutz tun.

Studie: Klimaziel von 1,5 Grad nicht realistisch – science.ORF.at

Mehr Pflanzen in Städten können die Zahl der Hitzetoten reduzieren. Damit die hitzebedingten Todesfälle um ein Drittel zurückgehen, müsste die Bepflanzung laut „The Lancet“-Studie auf 30% der Stadtfläche ausgedehnt werden.

Klimaerwärmung: Bäume reduzieren Hitzetote in Städten – science.ORF.at

Wenn die Emotionen kochen

Wenn Sie in einen frittierten Grashüpfer beißen, dann kracht er ähnlich wie Kartoffelchips – und schmeckt auch nicht viel anders. Neugier brachte mich dazu, Insekten schon vor Jahren in Thailand auf ihre kulinarische Tauglichkeit zu testen. Die Aussicht, dass sie jetzt – nach einer Zulassungswelle diese Woche – in Fertignahrung gemischt werden könnten, regt mich nicht sonderlich auf. Ich esse wenig Fertignahrung. Und Insektenmehl wird mich auch nicht dazu verleiten.

Interessant ist allerdings, wie emotional viele Menschen auf die EU-Zustimmung zu Heimchen und Getreideschimmelkäferlarven als Nahrung reagieren. Nachhaltiger als Rind- oder Schweinefleisch sind sie allemal. Gefüttert müssen allerdings auch sie werden. Was pflanzliche Nahrung noch immer zur besseren Alternative macht. Aber ich verweigere mich hier jedem Fundamentalismus. Und wer möchte, soll ruhig in den Buffalowurm beißen.

Noch weitaus emotionaler ist die Debatte auf einem anderen Feld, das sich vielleicht noch einfacher objektivieren ließe – bei der Frage niedrigerer Tempolimits, um den CO2-Ausstoß des Verkehrs zu reduzieren. Im Vergleich zu Zeiten vor der Pandemie sind die Emissionen zwar leicht gesunken, zuletzt nehmen sie aber wieder zu. Vor allem liegen sie noch immer um 50 Prozent über dem Niveau von 1990.

Wie eine deutsche Studie zeigt, liegt das Einsparungspotential durch eine Reduzierung des Tempos auf Straßen deutlich höher als bisher angenommen. Demnach könnte Österreich bei einer Senkung der Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 80 km/ h im Freiland und von 130 auf 100 km/h auf Autobahnen 830.000 Tonnen CO2 jährlich einsparen. In Deutschland würde man allein mit der Einführung einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/ h auf Autobahnen 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent einsparen. Hier wie dort gehen ob dieser Ideen die emotionalen Wogen hoch.

Ich bin kein sonderlich begeisterter Autofahrer. Wenn ich mich in den Wagen setzen muss, ist es meist ein notwendiges Übel. Will ich wirklich schnell fahren, nehme ich den Railjet. Mit bis zu 230 km/ h komme ich definitiv schneller an viele Ziele als mit dem Auto. Und steuert man Ziele an, die mit dem öffentlichen Verkehr – das ist noch immer die umweltfreundlichste Alternative, trotz E-Mobilität – nicht gut zu erreichen sind, spricht ja auch nichts gegen entspanntes Autofahren.

Österreichs Emissionen stiegen „erwartungsgemäß“

Bilanz 2021

Im Jahr 2021 emittierte Österreich um 3,6 Millionen Tonnen CO2 mehr als im Jahr zuvor, insgesamt 77,5 Millionen Tonnen. Damit hat sich auch der Pandemieeffekt verflüchtigt. Prognosen zufolge gibt es dennoch Grund zu Optimismus: Für 2022 geht das Umweltbundesamt von einem deutlichen Emissions-Rückgang von fünf Prozent gegenüber 2021 aus.

https://orf.at/stories/3302361/

Schlimme Folgen des Meeresspiegelanstiegs kommen früher als erwartet

Neue Satellitendaten

Bis vor kurzem dachte man, das erst ein mehrere Meter hoher Anstieg des Meeres grobe Probleme für die weltweiten Küstenzonen verursacht. Wie eine niederländische Studie nun zeigt, wird bereits bei einer Erhöhung des Meeresspiegels um zwei Meter mehr als doppelt so viel Landfläche überflutet wie bisher gedacht.

Grund für diese Änderung in den Modellen sind neue, genauere Satellitendaten. Sie zeigen, dass viele Küstenregionen tiefer liegen als angenommen. Demnach würde beispielsweise Bangkok mit seinen zehn Millionen Einwohner:innen entgegen früheren Annahmen bei einem Meeresspiegelanstieg von zwei Metern zum Großteil im Wasser versinken. Insgesamt wird bei diesem Szenario der Lebensraum von 240 Millionen Menschen weltweit überflutet.

Aktive CO2-Entnahme aus Atmosphäre notwendig

Mehr Kohlenstoff-Abscheidung und -Speicherung

Aufforstung ist bisher das häufigste Mittel, um CO2 wieder aus der Luft zu entfernen. Diese konventionelle Methode der Kohlendioxidreduktion wird aber zum Erreichen des 1,5 Grad -Ziels nicht reichen, so ein neuer Bericht von Klimaforscher:innen. Dazu brauche es auch industrielle Methoden der Kohlenstoff-Entnahme und -Speicherung. Laut Analyse müssten wir, abgesehen von einer drastischen Emissions-Reduktion, allein bis 2030 30mal so viel CO2 entnehmen wie bisher.

https://science.orf.at/stories/3217193/

Jugend-Delegierte für COP28 und COP29 gesucht

Die CliMates Austria suchen zwei neue Jugend-Delegierte zwischen 18 und 26 für die nächsten zwei UN-Klimakonferenzen. Wer für nationale und internationale Klimapolitik brennt, kann sich hier bis zum 9. Februar 2023 bewerben. Als Jugenddelegierte:r nimmst du gemeinsam mit der österreichischen Delegation an der COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Dezember 2023, und an der COP29 im November 2024 in Tschechien teil. Ziel ist, vor Ort die Stimme der Jugend zu vertreten und die Geschehnisse kritisch zu verfolgen, wie climatesaustria.org schreibt. Das Programm ist zweijährig (!) und wird vom Klimaministerium vollständig finanziert. Gutes Basiswissen bei Klimaschutz und/oder Klimapolitik ist erwünscht

Instagram: https://bit.ly/3IW1s3J

Twitter: https://bit.ly/3XnatHi

LinkedIn: https://bit.ly/3CVxFEa

Kurz gemeldet

Europa leidet schon seit 2018 unter einer anhaltenden Dürre. Dies belegen Satellitendaten, die von der TU Graz ausgewertet wurden. Trotz Überflutungen und anderer Extremwetterereignisse ist der Grundwasserspiegel europaweit seit 5 Jahren problematisch niedrig.

https://www.tugraz.at/tu-graz/services/news-stories/tu-graz-news/einzelansicht/article/satellitendaten-belegen-anhaltend-schwere-duerre-in-europa

Die Klimaerwärmung verändert auch die Insektenwelt. Wie eine österreichische Studie zeigt, ist ein Viertel aller Arten in den letzten 30 Jahren durch neue Arten ersetzt worden. Entgegen früheren Untersuchungen schrumpfte aber die Gesamtanzahl von Insektenpopulationen NICHT.

https://science.orf.at/stories/3217147/

Staub aus Wüstenstürmen und trockenen Landschaften könnte in den letzten Jahren die Erderwärmung gedämpft haben. Das legt einen Analyse von Forscher:innen aus den USA und Europa nahe. Demnach befinden sich 26 Millionen Tonnen Staub in der Atmosphäre, die zum Teil zu einer Beschattung des Planeten führen.

https://orf.at/stories/3301809/

Klimakiller Reichtum

Hörtipp

Stünde allen Menschen auf dem Planeten das gleiche CO2-Budget zur Verfügung, könnte die ärmere Hälfte Chinas ihren Ausstoß sogar noch erhöhen, während ihn jene in den USA drastisch senken müsste. Umweltverschmutzung und klimaschädigendes Verhalten steigen mit dem Reichtum. Die DIMENSIONEN analysieren die sozial ungleiche Lastverteilung in der Klimakrise und diskutieren auch Vorschläge wie eine progressive Besteuerung klimaschädlicher Emissionen.

Klimakiller Reichtum, nachhören im Ö1-Dossier „Nachhaltig Leben“