Heute, am 3. März, ist Internationaler Tag des Artenschutzes. Eingeführt wurde er vor genau 50 Jahren anlässlich der Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES. Wie diese Woche viele Wortmeldungen aus der Wissenschaft und von NGOs gezeigt haben, muss man Artenschutz, Biodiversität und Klima zusammen denken. Wie auch der Weltklimarat in seinen letzten Berichten betont hat, schlägt sich die Erderhitzung nicht zuletzt in der Artenvielfalt nieder, während uns intakte Naturräume vor vielen Klimafolgen schützen können.
Von Arno Aschauer, dem Teamleiter für Arten und Lebensräume beim WWF, habe ich diese Woche das Wort „Ökosystemleistungen“ gelernt und es später dann auch in der Broschüre Natur am Limit: Vielfalt des Lebens in Gefahr wieder gelesen: Es meint die Leistungen, die die Natur uns als Gesellschaft bietet, von der Wirtschaft bis hin zur Erholungsfunktion. Demnach haben fast 80% der untersuchten Ökosystemleistungen in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen.
Der Homo oeconomicus hat ja die Eigenschaft, das Leben sehr gern in Geld zu bemessen. Folgt man diesem Gedanken, so beträgt der Wert der Öko- und Natursystemleistungen auf dem Planeten jährlich zwischen 170 und 190 Billionen US-Dollar. Damit wäre die Natur die stärkste Volkswirtschaft der Welt, mit einem doppelt so hohen Bruttoinlandsprodukt wie alle Länder zusammengenommen. Diese Quantifizierung hat zweifellos einen hochabsurden Beigeschmack, aber wer Leben gern über den Kontostand bemisst, findet in diesen Zahlen genug Gründe, die Gratisleistungen der Natur zu erhalten.
Österreich bekleckert sich in Sachen Biodiversitäts- und Artenschutz ja nicht gerade mit Ruhm. In vielen europäischen Rankings liegt es entgegen dem gern kolportierten Image als Öko-Musterland weit hinten. Nur mehr rund 7 Prozent der Staatsfläche gelten als weitgehend frei von menschlichen Eingriffen. Viele Ziele im Artenschutz sind unverbindlich oder zwischen Bund und Ländern nicht koordiniert. Naturzerstörung wird sogar noch subventioniert. Das haben zuletzt Zahlen des WIFO gezeigt: Demnach fördert Österreich umweltschädliche Investitionen mit rund 6 Milliarden Euro pro Jahr.
Der Schutz der Arten und der Lebensräume ist ein Querschnittsthema, das in alle politische Bereiche Einzug halten muss: von der Raumplanung über die Finanz- und Verkehrspolitik oder die Energiewirtschaft bis hin zum Tourismus. Und zwar länger als nur einen Tag.
Ihr
Franz Zeller
PS Erwähnenswert wären auch der heutige Klimastreik oder die Klima-Klage, die Michaela Krömer im Namen von 12 Kindern kürzlich eingebracht hat. Aber über die heutige Protestaktion wird ohnehin aktuell intensiv berichtet, sodass wir mit dem Newsletter zu spät dran wären, und mit Klimaklagen werden wir uns in einer der nächsten Ausgaben des Ö1 Klima-Newsletters beschäftigen.
Wie sich der Klimawandel selbst verstärkt
Gefährliche Rückkopplungsschleifen
Schmilzt das Meereis, wird die Oberfläche dunkler und nimmt mehr Wärme auf. Dadurch schrumpft das verbleibende Meereis noch schneller. Dieser Rückkopplungsturbo ist eine der bekanntesten Feedback-Schleifen im Klimageschehen. Insgesamt 41 derartige Mechanismen hat ein Forschungsteam nun publiziert.
Es gibt auch Rückkopplungsschleifen, die dämpfend wirken. Bei einer Temperaturerhöhung nehmen Pflanzen zum Beispiel mehr CO2 auf und arbeiten damit dem Treibhauseffekt entgegen. Aber 27 der 41 aufgelisteten Phänomene wirken eindeutig destabilisierend auf das Klima. Dazu gehört etwa die massenhafte Ausbreitung von Schädlingen, die Bäume daran hindern, CO2 aufzunehmen.
Unklar ist, wann diese Rückkopplungen in eine ausweglose Spirale führen und das Klima unumkehrbar zum Kippen bringen.
Auf einer eigenen Seite präsentiert das Team der University of Oregon auch eine Reihe von Animationen, die zum Beispiel den Zusammenhang zwischen Waldbränden und dem Abschmelzen des Permafrosts verdeutlichen.
https://science.orf.at/stories/3217731/
Mehr Klimakompetenz im Gesundheitssektor gefordert
Offener Brief
Mit der Erderhitzung werden u.a. Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Probleme zunehmen. Der Klimawandel stellt also auch das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Aus diesem Grund fordern 30 Organisationen in einem offenen Brief an die zuständigen Ministerien, für mehr Klimakompetenz im Gesundheitssektor zu sorgen. Dazu gehört neben vielen weiteren Maßnahmen, mehr „community nurses“ für die Gemeindearbeit und „disaster nurses“ (Katastrophenkrankenschwestern und -pfleger) auszubilden.
https://science.orf.at/stories/3217904/
Geschichte des Mülls
Tipp
Müll aus allen Zeiten präsentiert momentan eine interessante Online-Ausstellung namens throwaway-history.eu. Das Naturhistorische Museum Wien beteiligt sich an der Aktion des Europäischen Hauses der Geschichte mit einer Dokumentation weggeworfener Waffen aus der Bronzezeit, die im niederösterreichischen Wöllersdorf gefunden wurden.
Statistiken über weggeworfene Lebensmittel findet man auf der Seite ebenso wie das Porträt einer italienischen Künstler:innengruppe, die aus Schrott Kunst macht.
Kurz gemeldet
Der heurige Winter war der sechstwärmste der 256jährigen Messgeschichte, wie Geosphere Austria meldet. In den Niederungen lag die Temperatur um 2,8 Grad über dem Mittel der Jahre 1961 – 1990, auf den Bergen um 2,3 Grad.
https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/news/sehr-milder-winter-1
Die Eisbedeckung in der Antarktis ist so gering wie nie zuvor. Mit einer Fläche von 2 Millionen km2 hat sie am 19. Februar ein Rekordminimum erreicht.
https://science.orf.at/stories/3217930/
Alles über Gas
Hörtipp 1
Ein Viertel der österreichischen Haushalte ist auf Gas angewiesen, die Industrie sowieso. Zuletzt waren die Preissteigerungen bei Gas einer der Haupttreiber der Inflation. Was natürlich zur Frage führt, woher wir in Zukunft unsere Energie nehmen, wenn Russland seine Lieferungen einstellt oder Gas einfach nicht mehr leistbar ist.
Mit Themen wie diesen beschäftigt sich die mehrteilige Serie „Alles über Gas“ im RADIOKOLLEG, das die Preisbildung an der Gasbörse ebenso beleuchtet wie die Versorgung mit LNG (Liquefied Natural Gas) oder die wirtschaftlichen und ökologischen Kosten von Fracking.
In der Woche vom 6.-9. März geht erfährt man im RADIOKOLLEG (Mo-Do, 9.05 Uhr) „Alles über Strom“.
Nachzuhören sind Sendungen wie diese im Ö1-Dossier „Nachhaltig leben“.
Wertvoller Müll
Hörtipp 2
Je nach Betrachtungsweise ist Müll entweder ein lästiges Überbleibsel oder eine Ressource. De facto gibt es viele Gründe, warum wir Abfälle und Reststoffe nicht achtlos wegwerfen, sondern getrennt sammeln sollen. Sie sind wertvolle Rohstoffe und können in den Produktionskreislauf zurückkehren. Was im Kunststoff-Abfall steckt oder wie Metalle, Papiere, Textilien und andere Stoffe aufbereitet werden, dokumentiert ein vierteiliges RADIOKOLLEG.