Schlagwort: Earth for All

Weniger Schnee

In Obertauern startet heute (2. Dezember) offiziell die Schisaison, auch wenn einige Pisten bereits seit mehr als einer Woche in Betrieb sind. Der Ort in den Salzburger Bergen hat es vergleichsweise gut. Er liegt auf rund 1.660 Metern Seehöhe, die Pisten reichen bis auf 2.300 Meter hinauf.

Schigebiete in mittleren und tiefen Lagen kämpfen schon jetzt mit Schneeproblemen, die sich in Zukunft noch verstärken werden. Die Prognosen dazu liegen längst auf dem Tisch. Auf keine Jahreszeit wirkt sich die Erderhitzung so stark aus wie auf den Winter, schreibt ORF-Meteorologe Daniel Schrott in seinem orf.at-Artikel. In den Niederungen merkt man die Temperaturerhöhungen am stärksten. Laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ZAMG waren die letzten zehn Winter im Tiefland über zwei Grad wärmer als im Mittel 1961 bis 1990.

Als ich im Herbst 2005 in den Wienerwald zog, erlebte ich einen Winter, in dem von November bis März Schnee lag. Kurz verfluchte ich die Entscheidung für den neuen Wohnsitz. Aber es war der letzte strenge Winter der jüngeren Geschichte, wie auch ZAMG-Daten beweisen.

Paradoxerweise trägt auch die sauberere Luft dazu bei, dass mehr Sonnenschein zur Erde kommt und sie stärker erwärmt als noch vor einem halben Jahrhundert. Selbst der Nebel wird aufgrund fehlender Schmutzteilchen in der Luft weniger. Zudem hat sich das Subtropenhoch nach Norden verschoben und die Bewölkung „weggeräumt“. Die Zahl der Eistage – das sind ganztägig Temperaturen unter null – ist im letzten halben Jahrhundert in den Landeshauptstädten um 75 Prozent gesunken.

Schnee wird so in den Niederungen zum Ausnahmefall. Zumindest in höheren Lagen können wir die Schneedecke durch unser Handeln noch beeinflussen. Ohne Treibhausgasreduktion wird die Schneedeckendauer bis zum Ende des Jahrhunderts in 1500 Meter Seehöhe um mehr als 50 Prozent abnehmen. Halten wir das 1,5 Grad-Ziel ein, sind die Auswirkungen weitaus geringer.

Wie das gehen könnte und was hinter der Psychologie der Klimakrise steckt: Dazu finden Sie in diesem Newsletter auch drei Buchtipps, die die Linzer Buchhändlerin Claudia Settele für uns zusammengestellt hat. Vielen Dank dafür!

https://orf.at/stories/3294980/

EU-Lieferkettengesetz

Österreich stimmt nicht mit

Für ein Lieferkettengesetz hat sich in dieser Woche – ohne die Stimme Österreichs, vertreten durch Minister Martin Kocher – der EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat ausgesprochen. Es soll garantieren, dass Zulieferer nicht gegen Umwelt- und Klimastandards sowie gegen Menschenrechte verstoßen.

Details des Gesetzes müssen noch verhandelt werden. Die Kommission schlägt unter anderem vor, dass das Gesetz für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Jahresumsatz gelten soll, bei Unternehmen im Bekleidungs-, Schuh- und

Lebensmittelsektor schon ab einer Größe von 250 Mitarbeiter:innen.

https://www.orf.at/#/stories/3296071/

EU-Regeln für Plastikverpackungen

Mehr Kreislaufwirtschaft

In dieser Woche hat die EU auch vorgeschlagen, die Verpackungsrichtlinie zu überarbeiten. Demnach soll bis 2040 um 15 Prozent weniger Verpackungsmüll anfallen als 2018. Zum Beispiel will die Kommission unnötige Einwegverpackungen verbieten und verbindliche Quoten für die Wiederverwendung festlegen. Es soll aber auch mehr recycelt werden: Bis 2030 müssen laut Vorschlag alle Verpackungen recyclingfähig sein und zwischen 10 und 35 Prozent recyceltes Material enthalten. Einheitliche Etiketten sollen außerdem zeigen, in welcher Mülltonne die Verpackung zu entsorgen ist.

Kurz gemeldet

Österreichs Fichtenwälder sind im Klimastress. Mehr noch als der direkte Temperaturanstieg setzen ihnen die damit verbundenen Extremwetter zu, wie Stürme und Trockenheit.

Wald im Klimastress – ORF Topos

Die Buchhändlerin Claudia Settele (Thalia, Linz-Landstraße) mit ganz persönlichen Tipps für „Klima-Bücher“:

Isabella Uhl-Hädicke: Warum machen wir es nicht einfach? Die Psychologie der Klimakrise. Molden.

Seit vielen Jahren wird die Klimakrise von anderen Krisen überlagert, wie zuletzt von der Corona-Pandemie und ganz aktuell vom Ukraine-Krieg, der zufällig am Erscheinungstag dieses Buches begann. Doch wird Klimaschutz nicht bald ernster genommen, könnte die Klimakrise selbst in Zukunft Auslöser für Kriege sein. Weniger Fleisch essen, bewusster konsumieren, mehr Öffis nutzen, Flugreisen vermeiden, Förderung erneuerbarer Energie, mehr Umweltschutzengagement usw. – eigentlich wissen wir, wie klimafreundlich geht! Aber warum machen wir es dann nicht einfach? Unser Verharren in der Bequemlichkeit und unseren Gewohnheiten ist verlockender als das Erkunden neuer Pfade. Auch die Strategie des Wachrüttelns durch Fakten steigert die Bereitschaft für einen klimafreundlichen Lebensstil zu wenig. Die Gründe dafür werden von der Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke sehr ausführlich erklärt. Sie beschreibt, dass unmittelbar nach einer Konfrontation mit einer existentiellen Bedrohung – wie die Klimakrise definitiv eine ist – Menschen in eine Art Schockstarre verfallen. Sie fühlen sich ohnmächtig und gehen in Abwehrhaltung, um das negative Gefühl zu verdrängen. Dieses Buch bietet reichlich Stoff zum Nachdenken und Debattieren, und es werden auch unterstützende Strategien zur Förderung eines „grünen“ Lebensstils aufgezeigt. Sehr informativ!

Lea Dohm, Mareike Schulze: Klimagefühle. Knaur.

Angst, Wut, Trauer, Verzweiflung, aber auch Hoffnung und Mut. Die Klimakrise verändert nicht nur unsere Umwelt, sie beeinflusst auch die Psyche. Die beiden Autorinnen (Gründerinnen von „psychologists for future“), aber auch viele direkt Betroffene und klimaengagierte Prominente berichten anhand eigener Erfahrungen, wie es ist, mit starken Klimagefühlen umzugehen. Sie machen Hoffnung, dass positive Veränderung möglich ist und Menschen mit ihren Ängsten, Ärger oder Solastalgie – dem Schmerz um den klimabedingten Verlust bzw. Zerstörung der eigenen Heimat – nicht alleine sind. Wer sich zutraut, sich mit der Klimakrise wirklich auseinanderzusetzen, bei der (dem) werden sich die Gefühle überwiegend zum Guten entwickeln. Bestenfalls ergibt sich daraus ein Handeln, das stärker im Einklang mit den eigenen Werten und Grundbedürfnissen ist. Wir alle sind gefordert! Mir persönlich hat das Buch sehr geholfen mit meinen Gefühlen bzgl. der Klimakrise und ihren möglichen Folgen umzugehen. Leicht lesbar, realistisch, ermutigend – große Empfehlung!

Earth For All. Ein Survivalguide für unseren Planeten. Oekom.

Wie kann die überaus wichtige und dringende Transformation unserer (Um)Welt gelingen? –

„Business as usual“ ist keine Option mehr, denn wir befinden uns auf einem katastrophalen Kurs in punkto Klimakrise und ihre Folgen. Der einzige Weg in eine weiterhin lebenswerte Zukunft sind umgehende, entschlossene und v. a. mutige weltweite Regierungsmaßnahmen – für uns Menschen und für unseren Planeten. Wie das funktionieren könnte, wird in diesem wissenschaftlich fundierten, neuen Bericht des Club of Rome mit seinen klaren Botschaften und Lösungsansätzen sehr anschaulich beschrieben. Eine Pflichtlektüre, ganz besonders für alle Regierungs- und Wirtschaftsverantwortlichen!!!

Ökologische Altbausanierung in der Stadt

Hörtipp

Vor allem Altbauten sind bei der Umrüstung von fossilen Energieträgern wie Gas und Heizöl auf nachhaltige Energien eine Herausforderung. Aber auch in Städten wie Wien, wo noch immer 440.000 Gasthermen in Betrieb sind, ist ein Heizen ganz ohne Öl und Gas möglich. Das zeigt die Sendung DIMENSIONEN. Gerhard Bayer von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik schlägt etwa vor, die in der Stadt enthaltene natürliche Wärme „aufzusammeln“. Mittels Solarkollektoren und Abwärmenutzung lassen sich die emissionslosen Wärmequellen anzapfen. Die gewonnene Wärme könnte über Erdsonden im Boden gespeichert werden. Ein Pilotversuch im Wiener Bezirk Hernals liefert erste Erfahrungen.

Neue Wärme in alten Mauern | DI | 29 11 2022 | 19:05 – oe1.ORF.at

Energiewende: Die Stadt als Heizkörper – science.ORF.at

Weiter wie bisher oder radikale Wende

Wie versprochen, setze ich heute mit den Szenarien fort, die der Club of Rome im neuesten Bericht „Earth for All“ für unser Leben in den kommenden Jahrzehnten zeichnet. Dafür hat das Forschungsteam sein Simulationsmodell World3, das schon bei „Die Grenzen des Wachstums“ zum Einsatz kam, mit bekannten Daten aus der Vergangenheit gefüttert und die Treffsicherheit der Resultate überprüft.

Die Genauigkeit der Vorhersagen war erschreckend. „Diese weitgehende Übereinstimmung zwischen Modell und Realität sollte bei uns die Alarmglocken läuten lassen“, wie es im Bericht heißt. Einzelne Szenarien deuten sogar auf einen Kollaps im 21. Jahrhundert hin, etwa BAU (business as usual), wenn wir nichts ändern.

Die Autor:innen des „Survivalguide für unseren Planeten“ beschränken sich aber auf zwei andere Pfade, die unsere Gesellschaft wählen kann: too little too late, also halbherzige Änderungen unserer Ökonomie, oder ein Riesenschritt (giant leap).

Too little too late beschreibt „den gegenwärtigen Kurs, bei dem Gesellschaften große Reden über Nachhaltigkeit schwingen, sich tatsächlich aber nur irgendwie durchlavieren“. Hier schwindet das soziale Vertrauen, und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich zerreißt die Gesellschaft. Der non-kollaborative Kampf um den eigenen Vorteil ruiniert die Natur und ihre lebenserhaltenden Systeme.

Die Simulation zeigt bis 2050 ein verlangsamtes Wachstum von Bevölkerung und Weltwirtschaft, eine geringere Erwerbsquote samt schwindendem Vertrauen in die Regierungen, sowie einen massiven Verlust von Flora und Fauna, gepaart mit einer „anhaltenden Armut im Süden und einer destabilisierenden Ungleichheit im Norden“. Gleichwohl hat sich einiges bis 2050 zum Besseren verändert. In Asien werden Kohlekraftwerke geschlossen, Wind- und Sonnenenergie ausgebaut. Aber die Temperaturen steigen trotz sinkender CO2-Emissionen noch immer. Zonen, „in denen die Außentemperatur das für Menschen erträgliche Maß bei Weitem übersteigt“, werden mehr.

Vor allem wegen der Fleischproduktion ist der Agrarsektor „nach wie vor hauptverantwortlich für Treibhausgasemissionen und für den Verlust der Biodiversität“.

Zudem prognostiziert der Bericht in diesem Szenario eine Zunahme von Klimamigration und globalen Pandemien. „All dies befördert den Aufstieg von Populisten und autokratischen Führern, die eine stabile Regierungsführung und die Werte der Demokratie zu unterminieren drohen.“

Das kommt einem auch im Krisen-Jahr 2022 bekannt vor.

Giant Leap hingegen bedeutet eine völlige Neuausrichtung unseres Zusammenlebens, in dem Ungleichheit reduziert und das Energiesystem und der Umgang mit Ressourcen auf völlig neue Beine gestellt und dekarbonisiert wird. Dem zugrunde liegt die Erfahrung, dass „gerechte Gesellschaften besser funktionieren als ungerechte.“ Deshalb propagiert „Earth for All“ eine „Wohlergehensökonomie“, in der „den reichsten 10 Prozent nicht mehr als 40 Prozent des jeweiligen Nationaleinkommens zusteht.“ (Zum Vergleich: In Österreich besitzt 1 Prozent der Bevölkerung rund 40 Prozent des Vermögens).

Wohlstand für alle entsteht durch die Bewirtschaftung der globalen Gemeingüter. Private Investoren können also die Natur nicht mehr nach Lust und Laune ausbeuten und monetarisieren, weil sie im Besitz aller ist. Die Nutzung von Ressourcen fließt in Bürgerfonds, die wiederum das Bildungs- und Gesundheitswesen oder ein Grundeinkommen finanzieren. 

Die reichsten Länder sind in giant leap bis 2050 völlig emissionsfrei, China und Indien bis 2060.

Die Ausweitung landwirtschaftlich genutzter Flächen wird schon 2030 gestoppt (dazu weiter unten eine aktuelle Studie).

Durch die globale Ausweitung des Wohlstands leben 2050 neun Milliarden Menschen auf dem Planeten, eine Milliarde weniger als im too little too late-Szenario.

Zur Veranschaulichung verfolgt der „Überlebensratgeber“ die fiktiven Lebensgeschichten von vier Frauen aus reichen wie armen Weltgegenden, von Los Angeles bis Dhaka (in Bangladesch), und zwar über das Jahr 2050 hinaus. Egal ob begütert oder in den Slums aufgewachsen: ihr Lebensglück, ihre Gesundheit und Bildung oder ihre Lebenschancen werden von too little too late ebenso massiv beeinflusst wie von giant leap.

Wenn Sie wissen wollen, wie die 2020 geborenen Frauen dieses Jahrhundert durchleben, je nachdem, wie unsere Gesellschaften sich entscheiden, dann sei Ihnen „Earth for All“ ans Herz gelegt.

Ihr

Franz Zeller

„Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten.“ Oekom Verlag 2022.

Natur-Gesetz

PIK fordert „Carbon Law for Nature”

Der Landsektor, inklusive Land- und Forstwirtschaft, emittiert derzeit jährlich 12 Milliarden Tonnen Treibhausgase. Eine Veränderung der Landnutzung ist deshalb unerlässlich, wenn wir die Erderhitzung bei 1,5 Grad eindämmen wollen. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK hat berechnet, dass die Emissionen aus dem Sektor dafür bis 2030 auf netto-null sinken müssen. Laut dem berechneten „Carbon Law for Nature“ soll die Landnutzung bis 2050 zu einer Kohlenstoffsenke werden und dann 10 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen.

„Selbst wenn Energie und Industrie ihre Klimaschutzziele erreichen, werden wir ohne dringende Maßnahmen im Landsektor nicht in der Lage sein, die Erwärmung zu begrenzen“, sagt Johan Rockström, Direktor des PIK.

Im nächsten Jahrzehnt hängen 80% des Klimaschutzpotentials im Landsektor davon ab, ob es gelingt, Landwirtschaft und Ernährung umzugestalten bzw. die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

Die Natur als Schlüssel für eine klimasichere Zukunft: Neue Exponential Roadmap-Initiative für natürliche Klimalösungen — Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (pik-potsdam.de)

Fleisch

Lebensmittel- und Klimakrise

Würden wir weniger Fleisch essen, könnte der Planet eine Milliarde mehr Menschen ernähren. Wie eine Studie der finnischen Universität Aalto zeigt, verbraucht die Nutztierhaltung derzeit ein Drittel der weltweiten Getreideproduktion, ein Viertel des gefangenen Fisches und große Mengen Pflanzenöle und Hülsenfrüchte.

Dabei gäbe es selbst für die Fleischerzeugung eine Menge ungenutzter Ressourcen, etwa Zuckerrübenschnitzel, Getreidekleie, Treber oder Ernterückstände wie Samen und Schalen. Fischmehl könnte statt aus dem gesamten Fisch aus Fischnebenprodukten kommen.

Das Forschungsteam räumt aber ein, dass unter einer Aufwertung dieser Nebenprodukte auch die Qualität des Futters und die Produktivität leiden könnte. Gleichzeitig sinken der Treibhausgasausstoß und der Düngemittelbedarf, so die Studie.

Lebensmittelkrise: Umverteilung könnte eine Milliarde ernähren – science.ORF.at

Kurz gemeldet:

Noch nie seit Aufzeichnungsbeginn sind die Alpengletscher so schnell geschmolzen wie im Sommer 2022, dem viertwärmsten Sommer der Messgeschichte. Das zeigen Daten aus Österreich und der Schweiz.

Klimaerwärmung: Alpengletscher schmelzen in Rekordtempo – science.ORF.at

Wie Kollege Daniel Schrott dokumentiert hat, liegt der Neusiedlersee noch immer 51cm unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Differenz entspricht 160 Millionen Kubikmeter Wasser.

https://twitter.com/DanielSchrott/status/1572676780225630208?s=20&t=nubv1_MkiJs5I1NCoPBc8w

Durch die Trockenheit im Frühjahr und Sommer wurden heuer 20 Prozent weniger Getreide geerntet. Besonders betroffen sind Weizen, Mais und Gerste, aber auch Sojabohnen und Zuckerrüben haben unter dem Wassermangel gelitten.

Klimaerwärmung: Trockenheit verringert Ernte – science.ORF.at

Die Klimakrise ist eine soziale Krise

Ich lasse mich gern überraschen. Manchmal sind Überraschungen aber auch ernüchternd. Jüngst kam ich im Freundeskreis via visualcapitalistmit einer Karte in Berührung, die für alle Länder das Überflutungsrisiko ausweist. Österreich ist nach den Niederlanden das meistgefährdete Land in Europa. Es liegt, was das Überschwemmungs-Risiko betrifft, auf Platz 18 weltweit. Ist es in den Niederlanden der steigende Meeresspiegel, kommen die Fluten in Österreich potentiell von den Flüssen.

Global gesehen liegen die Länder mit den meisten Betroffenen in Asien. So sind allein in China 395 Millionen durch Hochwässer gefährdet, in Indien 390 Millionen. In Vietnam und Bangladesch ist die absolute Zahl der Gefährdeten kleiner, dafür lebt aber ein großer Teil der Bevölkerung in gefährdeten Regionen (Vietnam 46%, Bangladesch 58%). Wie stark die Verbindung zwischen der Klimakrise und den massiven Überschwemmungen in Pakistan ist, hat gerade erst eine Berechnung des Netzwerks World Weather Attribution gezeigt.

Die Karte auf visualcapitalist beruht auf einer Nature-Studie, deren Autor:innen mehrfach auf den Zusammenhang zwischen Überschwemmungsrisiko und Armut hinweisen.

Und genau diesem Zusammenhang zwischen ökonomischer Stellung und Klimakrise widmet sich auch der neue Club of Rome-Bericht, den ich an dieser Stelle schon angesprochen habe.

„Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten“ verlangt fünf „außerordentliche Kehrtwenden“, um der Klimakrise zu begegnen:

  • die Beendigung der Armut
  • die Beseitigung der eklatanten Ungleichheit
  • Empowerment der Frauen
  • den Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems
  • den Übergang zum Einsatz sauberer Energie

So radikal die Ideen klingen mögen: sie haben nichts Umstürzlerisches und lassen sich innerhalb des existierenden Wirtschaftssystems verwirklichen. Die Autor:innen verweisen explizit auf die Notwendigkeit, dass die Lösungen für die globale Mittelschicht „akzeptabel, fair und erschwinglich sein müssen“, um nicht auf heftigen Widerstand zu stoßen. So dürfe die bereits eingeleitete Energiewende auch nicht historische Ungerechtigkeiten perpetuieren, weil sie dadurch die Kluft zwischen Arm und Reich nur noch größer machen und Gesellschaften weiter destabilisieren würde.

Der Aufwand für das neue Miteinander ist nach den Berechnungen des Thinktanks gering: Nur 2-4 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts müssten für eine resilientere Zivilisation und eine nachhaltige Energie- und Nahrungsversorgung aufgewendet werden. Der Markt allein wird diesen Übergang allerdings nicht bewerkstelligen, wie es im Buch heißt. Stattdessen brauche es aktivere Regierungen als bisher.

Und die werden auch die destabilisierende Kluft zwischen Arm und Reich schließen müssen, denn: „Die Umverteilung des Wohlstands ist nicht verhandelbar. Langfristige wirtschaftliche Ungleichheit in Verbindung mit kurzfristigen Wirtschaftskrisen … trägt zu wirtschaftlicher Angst, Misstrauen und politischer Dysfunktion bei.“ Und so sollen nach Meinung des Club of Rome auf die reichsten 10 Prozent der Welt nicht mehr als 40 Prozent des Nationaleinkommens entfallen, auch weil eklatante Ungleichheiten und die damit verbundene ökonomische Machtkonzentration nicht zu langfristigen, nachhaltigen Entscheidungen führen, sondern im Gegenteil die Demokratie gefährden.

Die radikale Kehrtwende müsse allerdings bis 2050 geschehen. Und um niemanden zurückzulassen, schlagen die Autor:innen (zum Club of Rome gehören u.a. Maja Göpel oder Hans J. Schellnhuber) einen Bürgerfonds vor, der die Bevölkerungen „vor unvermeidlichen wirtschaftlichen Disruptionen“ schützt. Gespeist wird dieser Fond u.a. aus dem Privatsektor, der für die Nutzung nationaler und globaler Gemeingüter bezahlen muss – „für die Entnahme von Ressourcen, die unter dem gemeinsamen Schutz aller in der Gesellschaft stehen. Hierzu zählen fossile Brennstoffe, Land, Süßwasser, die Meere, die Mineralien, die Atmosphäre, aber auch Daten und Wissen.“ Die Einnahmen aus dem Bürgerfonds werden gleichmäßig an die Bürger:innen ausgeschüttet.

Im Grunde greift der Club of Rome bei diesen ökonomischen Vorschlägen auf eine breitere Definition des Gemeinguts zurück. Erst vor einer Woche wurde ich von der Künstlerin Giulia Foscari wieder daran erinnert, die die bedrohte Antarktis als Gemeingut bezeichnete, weil sie für das Wohl des Planeten und der globalen Bevölkerung unerlässlich ist.

„Earth for All“ unterlegt diese Vorschläge mit zwei Klimakrisen-Szenarien: so weitermachen wie bisher (Business as usual) und die radikale Kehrtwende (Giant Leap). Diese Szenarien wurden mit einem Programm simuliert, das schon den „Grenzen des Wachstums“ Daten lieferte und in den vergangenen Jahren weiter optimiert wurde. Welche spektakulären Vorhersagen der Club of Rome auf Basis dieser Simulationen macht, schreibe ich Ihnen nächste Woche.

Ihr

Franz Zeller

„Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten.“ Oekom Verlag 2022.

EU gegen Abholzung

Importverbot für waldschädigende Waren

Palmöl, Soja, Kakao, Kaffee, Fleisch oder Leder sollen in Zukunft nur mehr importiert werden dürfen, wenn dafür keine Wälder abgeholzt oder verbrannt werden. Dafür hat das EU-Parlament in dieser Woche gestimmt. Der Beschluss muss allerdings noch mit den EU-Staaten ausverhandelt werden, die sich ein weniger strenges Importverbot wünschen.

Abholzung ist derzeit für rund 11 Prozent der vom Menschen verursachten Treibhausgase verantwortlich.

Gegen Abholzung: EU-Parlament stimmt für Importverbot – news.ORF.at

Baumsterben

Wälder durch Klimakrise gefährdet

In Mitteleuropa, dem Westen Nordamerikas und dem östlichen Amazonas sind Wälder aufgrund der Fieberkurve des Planeten besonders vom Absterben bedroht. Das zeigt eine interaktive Karte, die in Science veröffentlicht wurde. In den betroffenen Regionen könnten viele Baumarten verschwinden. Damit kann der Wald nicht mehr seine Funktion als Kohlenstoffspeicher erfüllen.  „Aktuell ist im globalen Waldbestand ungefähr genauso viel Kohlenstoff gespeichert, wie in der Atmosphäre. Der Wald nimmt jedes Jahr circa zehn bis zwanzig Prozent der von Menschen verursachten CO2-Emissionen gleich wieder auf“, sagt der Ökologe Rupert Seidl. Nach Aussagen des Forschers der TU München hat sich das Baumsterben allein in Mitteleuropa in den vergangenen 35 Jahren verdoppelt.

Klimarisikokarte: Wo Wälder weltweit besonders gefährdet sind – science.ORF.at

Der Öko-Stups

Hörtipp 1

Längst beschäftigt sich ein eigener Wissenschaftszweig mit der Frage, wie man Menschen dazu bringt, ihr Verhalten zu ändern. Das ist gerade auch in unserem Umgang mit Energie oder Müll notwendig. Beim Abfall hat das „nudging“, also die intelligente Verhaltenslenkung, in Österreich recht gut funktioniert. Beim Glassammeln etwa liegen wir mit 80 Prozent Recyclingquote 10 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Unterwegs sind Menschen in Österreich hingegen sehr nachlässig beim richtigen Entsorgen von Müll, wie die DIMENSIONEN anlässlich des World Cleanup Day am 17. September dokumentieren.

https://oe1.orf.at/player/20220914/691158

Jetzt aber wirklich: Energiesparen!

Hörtipp 2

Verhaltensaufforderungen zum Energiesparen funktionieren. Katastrophenkommunikation scheint hingegen keine gute Wahl, wenn man Menschen die Klimakrise nahebringen will. Die Überzeugten fühlen sich zwar bestätigt, aber die Unsicheren reagieren mit Verdrängung, sagt die Verhaltensökonomin Katharina Gangl. PUNKT EINS hat in dieser Woche beleuchtet, wie Energiesparen gelingen kann und wo gerade in der energieintensiven Heizsaison die größten Hebel liegen.

https://oe1.orf.at/player/20220914/691140