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Grüner Stahl

Stabilität, vor allem bei großen Bauten, hat manchmal auch ihren ökologischen Preis. So trägt die Stahlindustrie zwischen 7 und 9 Prozent zum globalen Treibhausgas-Ausstoß bei. Um Erz in Stahl zu verwandeln, braucht es viel Energie aus Koks und Erdgas. Und beim Transformationsprozess entsteht noch extra CO2.

Viele Stahlunternehmen arbeiten aber bereits an klimafreundlicheren Produktionsprozessen. So entsteht derzeit in Nordschweden das erste Werk, das den begehrten Baustoff in großindustriellem Maßstab ausschließlich aus erneuerbaren Energien erzeugen möchte. 2026 soll der Betrieb des Startups Stegra in der Stadt Boden starten.

Der für den Umwandlungsprozess des Erzes nötige Wasserstoff soll durch Elektrolyse aus erneuerbaren Stromquellen erzeugt werden. Schon im nächsten Jahr will Stegra damit 2,5 Millionen Tonnen Stahl erzeugen, später 4,5 Millionen Tonnen pro Jahr.

Wie t3n.de berichtet, ist Stegra davon überzeugt, den Stahl auf Grund der erneuerbaren Energien zum gleichen Preis herstellen zu können wie in der konventionellen, fossilen Erzeugung. Trotzdem wird es für den grünen Stahl um 20 – 30 Prozent mehr verlangen, um die 4.5 Milliarden Dollar für den Bau des Werkes hereinzuspielen.

Einige Kunden wie zum Beispiel Automobilhersteller, die ihre Treibhausgasemissionen reduzieren und im Marketing auf Umweltfreundlichkeit setzen wollen, sind offenbar bereit, den Aufschlag zu zahlen.

Gegen ausländische Billig-Stahlanbieter werden auch Regeln  der Europäischen Union helfen: Die EU hat über den Carbon Border Adjustment Mechanism festgelegt, dass die Klimaemissionen von importiertem Stahl und anderen Rohstoffen gemeldet werden müssen. Ab 2026 müssen die Lieferanten dann Abgaben zahlen, die sich am Treibhausgas-Ausstoß der Materialien orientieren. Was den grünen Stahl aus der EU indirekt verbilligt.

Wie ein deutscher Bericht aus dem Mai 2024 prognostiziert, würde eine großflächige Umstellung auf grüne Stahlherstellung dessen Preis bis 2030 zwar um maximal 42 Prozent verteuern, 2045 wäre er aber bereits um 28 Prozent günstiger als konventionell hergestellter.

Auch die heimische voestalpine ist längst dabei, an einer klimafreundlicheren Stahlerzeugung zu arbeiten.

Als einer der größten CO2-Emittenten in Österreich plant der Konzern bis 2027 zwei seiner fünf Hochöfen durch mit Strom betriebene Elektrolichtbogenöfen zu ersetzen. 1,5 Milliarden wird die Umstellung kosten. Damit sollen ab 2027 bis zu 2,5 Mio. Tonnen CO2-reduzierter Stahl produziert werden. Der Strom dafür soll so weit wie möglich aus erneuerbaren Quellen kommen.

Wasserstoff wird vielfach noch aus fossilen Rohstoffen hergestellt. Die Produktion aus Erneuerbaren verlangt viel Energie, verliert man doch bei der Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse selbst im optimalen Fall mindestens 20 Prozent, im Regelfall jedoch 40 – 60 Prozent.

Wir werden uns deshalb überlegen müssen, wofür wir den „teuren“ Energieträger Wasserstoff in Zukunft verwenden wollen. Ihn in PKWs zu verbrennen, während die Industrie für ihre Wettbewerbsfähigkeit darauf angewiesen ist, ist möglicherweise nicht sehr sinnvoll.

https://t3n.de/news/emissionsfreier-stahl-das-weltweit-erste-werk-entsteht-in-schweden-im-industriellen-massstab-1666416

Keine Abschwächung der Atlantikzirkulation

Europas Wettermotor stabil

Eine Studie der Universität Bern und der Woods Hole Oceanographic Institution zeigt, dass sich die Ozeanzirkulation im Nordatlantik, einschließlich des Golfstroms, in den letzten 60 Jahren nicht abgeschwächt hat. Diese Ergebnisse widersprechen bisherigen Annahmen und relativieren frühere Studien, die eine Abschwächung nahelegten.

Die atlantische Umwälzströmung ist unter anderem für das relativ milde Klima in Europa verantwortlich. Bricht sie zusammen, sinken die Durchschnittstemperaturen um mehr als 10 Grad, so die Berechnungen.

Die Forscher nutzten einen neuen methodischen Ansatz mit 24 Erdsystemmodellen und Beobachtungen des Wärmeflusses zwischen Ozean und Atmosphäre. Das Forschungsteam zweifelt allerdings nicht daran, dass der Klimawandel die Umwälzströmung schwächen wird, unsicher ist aber, wie stark.

https://mediarelations.unibe.ch/medienmitteilungen/2025/medienmitteilungen_2025/atlantikzirkulation_seit_jahrzehnten_stabil/index_ger.html

Trockenperioden werden noch trockener

Versteckte Megadürren

Eine Studie mit österreichischer Beteiligung zeigt, dass Megadürren in den letzten 40 Jahren häufiger, länger und intensiver geworden sind. Diese Dürren verursachen erhebliche Vegetationsschäden und betreffen immer größere Landflächen. Besonders betroffen sind Regionen wie das östliche Kongobecken und die Amazonasregion, aber auch in Österreich traten fünf der zehn größten Trockenheitsereignisse erst jüngst, zwischen 2007 und 2018 auf. Einige Dürren in tropischen und borealen Wäldern sind laut Studie weniger sichtbar sind, da diese Regionen länger auf Wasserreserven zurückgreifen können. 

Versteckte „Megadürren“ nehmen zu – science.ORF.at

Kurz gemeldet

Der durch die Erderwärmung tauende Permafrost setzt nicht nur Treibhausgase frei, die die Erhitzung weiter antreiben. Der Prozess bedroht auch die 3 Millionen auf Permafrost lebenden Menschen, weil die Infrastruktur leidet, Verkehrs- und Versorgungswege unterbrochen werden oder sich die Wasserqualität verschlechtert.

https://science.orf.at/stories/3228469

Die Weltwetterorganisation (WMO) hat 2025 zum „Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher“ erklärt. Weltweit gibt es rund 275.000 Gletscher. Pro Jahr trägt die Gletscherschmelze einen Millimeter zum Anstieg des Meeresspiegels bei. 

https://science.orf.at/stories/3228538

Die intensive Landwirtschaft dezimiert die Schmetterlingsvielfalt. Das zeigt eine neue Studie aus Salzburg, die auf Daten von 1990 bis 2022 zurückgreift. Neben dem Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden hat auch der Verlust von Lebensräumen zu einem dramatischen Artenverlust in niederen Lagen geführt.

Dramatischer Artenschwund bei Schmetterlingen – salzburg.ORF.at

Mikroplastikemissionen aus dem Straßenverkehr können das Klima beeinflussen, wie eine Studie der Universität Wien zeigt. Der Abrieb von Autoreifen, Straßenmarkierungen, Asphalt und Bremsbelägen trägt u.a. zur Bildung von Wolken und Eiskristallen bei.

https://science.orf.at/stories/3228766

Könnte kippen

Ich bin zu meinem eigenen Erstaunen ein ziemlich großer Optimist (geworden). Deshalb glaube ich auch, dass dieser Planet sehr viel aushält und Menschen selbst riesige Veränderungen bewältigen können. Manchmal wird man aber dann doch daran erinnert, wie labil vermeintlich stabile Zustände sein können.

Diese Woche war viel von Kipppunkten die Rede – in Bezug auf den Amazonas genauso wie – noch etwas spektakulärer – punkto Golfstrom. Er ist als Teil der atlantischen Umwälzströmung auch ein Teil der europäischen Wettermaschine. Kommt diese Umwälzströmung zum Stillstand, kühlen Mittel- und Nordeuropa dramatisch ab. Für Wien wurde eine Senkung der Durchschnittstemperatur um 4 Grad prognostiziert.

Die Umwälzströmung transportiert warmes, salzhaltiges Wasser Richtung Arktis und salzärmeres, kaltes Wasser am Boden des Atlantiks zurück Richtung Äquator. Ohne Golfstrom verliert Europa sein gemäßigtes Klima, mit Winterstürmen in Großbritannien oder Hitzewellen in Südeuropa. Durch die globale Erwärmung hat sich die Umwälzströmung bereits verlangsamt. Simulationen von niederländischen ForscherInnen haben nun gezeigt, dass diese „Wärmepumpe“ schon in den nächsten Jahren zum Stillstand kommen könnte. Sie bestätigen damit eine (umstrittene) Studie aus dem Vorjahr. Mehr dazu auch im Hörtipp am Ende des Newsletters.

Ähnliches prognostizieren WissenschafterInnen in einer Nature-Veröffentlichung auch für das Amazonas-System. Es dient nicht zuletzt als massiver Kohlenstoff-Speicher. Verliert der Amazonas-Regenwald diese Funktion, emittiert er große Mengen an gespeichertem CO2 und heizt die Erderwärmung zusätzlich an. Nach neuesten Berechnungen könnte er schon 2050 kippen.

Aber noch heißt es vorsichtig „könnte“. Und damit bleibt uns Zeit, unsere „fossile Gier“ mit all ihren Folgen zu drosseln und gar nicht erst an die unumkehrbaren Kipppunkte zu rühren.

EU: Große Renaturierungen geplant

„Verordnung zur Wiederherstellung der Natur“

Um stark in Mitleidenschaft gezogene Lebensräume zu restaurieren, will die EU unter anderem 25.000 Flusskilometer bis 2030 in einen frei fließenden Zustand zurückversetzen. Im November hat der Umweltausschuss dem Gesetzestext zugestimmt, ein formeller Beschluss soll in den nächsten Wochen fallen.

Für Österreich sieht Thomas Hein von der BOKU in Wien einen sehr hohen „Bedarf, die Flüsse zu renaturieren. Mehr als die Hälfte davon sind in keinem guten Zustand.“ Sie sind vielfach von ihren Auen getrennt, weshalb mehr als die Hälfte der Fischarten einen hohen oder sehr hohen Gefährdungsstatus aufweisen.

Insgesamt schreiben Hein und Kollegen, dass die Wiederherstellung von zusätzlichen 25.000 Kilometern frei fließender Flüsse allein nicht ausreichen werde, um den Rückgang der Artenvielfalt von Süßwasser-Lebewesen in Europa aufzuhalten. Sie fordern, dass sich die Renaturierung auf Gebiete konzentrieren solle, „in denen die Wiederherstellung die größten positiven Effekte für die Ökologie, Biodiversität und Ökosystemleistungen hat.“

Flüsse: Forscher fordern konkrete Pläne für Renaturierung – science.ORF.at

Knappes Trinkwasser durch Verschmutzung

Stickstoffdünger und Verstädterung

Speziell Mitteleuropa kennt kaum Wassermangel. Die Alpen sind ein schier unerschöpflich wirkender Wasserlieferant. Aber die Menge an Wasser täuscht darüber hinweg, dass das tatsächlich verfügbare Trinkwasser durch Verschmutzung zunehmend reduziert wird. Speziell landwirtschaftlicher Dünger und die zunehmende Verstädterung beschädigen das Trinkwasser. In einer Analyse von 10.000 Wassereinzugsgebieten haben Forschende der Universität Wageningen gezeigt, dass die Zahl der Gebiete mit Wassermangel von 984 im Jahr 2010 bis zum Jahr 2050 auf 2.517 steigen wird. Im schlimmsten Fall könnten Mitte des Jahrhunderts 3 Milliarden Menschen von Trinkwasserknappheit betroffen sein.

Ressourcen: Wasserverschmutzung führt zu Knappheit – science.ORF.at

Wandernde Tierarten in Gefahr

Lebensbedrohliche Barrieren für Gnu, Seidenhai oder Kiebitz

Bei 44% der wandernden Tierarten – dazu gehört der Monarchfalter genauso wie die Saiga-Antilope – nimmt der Bestand ab. Das zeigt ein neuer UNO-Bericht anlässlich der UNO-Konferenz zum Schutz wandernder Arten in Samarkand. Ein Fünftel der untersuchten Tierarten sind vom Aussterben bedroht. Als Grund nennt der Bericht die übermäßige Ausbeutung durch Jagd und Fischerei, die Zerstörung von Lebensräumen und auch die fortschreitenden Auswirkungen der Klimakrise. Außerdem versperren Straßen, Bauwerke oder der Schiffsverkehr zunehmend die lebensnotwendigen Wanderrouten der Tiere, sodass sie nicht mehr an ihre Fortpflanzungs- und Futterplätze kommen. Vor allem Fische – darunter auch mehr als die Hälfte der im Mittelmeer vorkommenden Hai- und Rochenarten – sind bedroht, u.a. durch Fangnetze und Plastikmüll.

UNO-Bericht: Wandernde Tierarten zunehmend in Gefahr – science.ORF.at

Tipps

Klima-Jugenddelegierte für die COP29 und COP30 gesucht!

Wer zwischen 18 und 26 Jahre alt ist und für Klimapolitik brennt, kann sich für die Teilnahme bei den nächsten 2 UN-Klimakonferenzen bewerben und so die österreichische Jugend vertreten.

Die UN-Jugenddelegierten nehmen gemeinsam mit der österreichischen Delegation an der COP29 in Baku in Aserbaidschan von 11. bis 24. November 2024 und an der COP30 in Brasilien von 10. bis zum 21. November 2025 teil. Ihre Aufgabe ist es, vor Ort die Stimme der Jugend zu vertreten und die Geschehnisse kritisch zu verfolgen.

Gutes Basiswissen bei Klimaschutz und/oder Klimapolitik schadet nicht für die Bewerbung (bis 26.2.2024).

Kurz gemeldet

Aufgrund des schrumpfenden Meereises in der Arktis sind Eisbären zunehmend vom Hungertod bedroht. Sie können sich nicht an längere eisfreie Sommer anpassen, wie eine Studie an 20 Eisbären zeigt.

Eisbären von Hungertod bedroht – science.ORF.at

Nicht nur Lärm oder künstliches Licht setzt Insekten zu, sondern auch die Luftverschmutzung. Sie verändert den Duft von Blüten, deshalb finden etwa Schmetterlinge nicht mehr zu ihren Pflanzen – und bestäuben sie deshalb auch nicht mehr.

Bestäubung: Schadstoffe verändern Blütenduft – science.ORF.at

Hörtipps

Was passiert, wenn die atlantische Umwälzströmung zum Stillstand kommt

Versiegt die atlantische Wärmepumpe, kühlt Nordeuropa um 15 Grad ab, unsere mitteleuropäischen Winter werden um 5 – 8 Grad kälter. Das sind nur zwei Beispiele der dramatischen Folgen für Europa, wenn der Wettermotor im Atlantik stehen bleibt. In den DIMENSIONEN erklärt der Klimawissenschaftler Douglas Maraun vom Wegener Center für Klima und globalen Wandel der Universität Graz u.a., wie es dazu kommt, dass sich Ozeanströmungen so drastisch verändern oder warum sich dadurch auch der westafrikanische Monsun verschieben würde.

Affenhumor, Mondbesitz, Abkühlung, Neutrinos, 15.02. | Ö1 | ORF-Radiothek

Kontroverses Geoengineering. Menschliche Eingriffe in die Erdatmosphäre.

Um die Gesundheit des Planeten angesichts der Klimakrise zu stärken, bräuchte es eine Abkehr von liebgewordenen Gewohnheiten. Dazu gehört etwa das Verbrennen fossiler Energieträger, wie wir das in den meisten Autos tun. Aber Verhaltensänderungen gehören für Menschen mitunter zum schwierigsten, was wiederum die Fieberkurve der Erde weiter nach oben treibt.
Manche WissenschaftlerInnen arbeiten daher an einem Plan B – die gezielte Beeinflussung der Atmosphäre im planetaren Maßstab, um die Erde künstlich abzukühlen. Konkret wird vor allem daran gedacht, Schwefel-Aerosole in die Stratosphäre einzubringen. Sie wirken wie ein Sonnenschirm und könnten den Globus kühlen. Das weiß man aus der Beobachtung der Folgen großer Vulkanausbrüche. Aber solche Methoden des Geoengineering sind nicht ohne Risiko, wie der Klimaphysiker Blaz Gasparini in VOM LEBEN DER NATUR erzählt.

Vom Leben der Natur – oe1.ORF.at